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Teil des hybriden Kriegs: Sabotage bei der Bahn befeuert Streit um KRITIS-Schutz

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10 Oktober 20224 Minuten

Nach dem Verkehrschaos bei der DB am vergangenen Samstag, werden die Forderungen nach einem besseren Schutz der digitalen Infrastruktur in Deutschland lauter.

Am Morgen des 8. Oktober ist in Norddeutschland der Bahnverkehr komplett ausgefallen.

Am Morgen des 8. Oktober ist in Norddeutschland der Bahnverkehr komplett ausgefallen.

Foto: Markus Mainka – shutterstock.com

Am Morgen des 8. Oktober sind in Norddeutschland sowohl die Fernzüge wie auch die Regionalbahnen der Deutschen Bahn für drei Stunden ausgefallen. Da die Kommunikation zwischen den Leitstellen gestört und auch das Backup-System der DB ausgefallen war, ging man zuerst von einer Cyberattacke aus. Jedoch stellte sich schnell heraus, dass der Grund für die Störung war, dass in Berlin und NRW wichtige Kommunikationskabel durchtrennt geworden waren. Nun hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen, laut BKA war die Tat politisch motiviert.

Wie ein Sprecher der Bundespolizeidirektion in Berlin der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, wurden bei dem Anschlag sogenannte Lichtwellenleiterkabel beschädigt. “Aktuell ist von einer zielgerichteten Fremdeinwirkung von außen auf Kabel der Deutschen Bahn auszugehen”, sagte der Sprecher.

Russlands hybrider Krieg

In den Medien wird Peter Neumann, Professor für Security Studies am King’s College London, zitiert, der gegenüber dem Fernsehsender RTL ein Statement abgegeben hat. Er halte einen Angriff von Russland auf die kritische Infrastruktur in Deutschland für möglich, auch die Sabotage der DB sei vom Kreml ausgegangen.

Michael Wiesner, Sprecher des Expertengremiums der Arbeitsgruppe Kritische Infrastrukturen (AG Kritis), sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe gegenüber, bei dem Vorfall könne es sich um einen Testdurchlauf gehandelt haben, “um die Auswirkungen einer solchen Sabotage zu sehen”. Des Weiteren sagte Wiesner, es habe sich um “koordiniertes Vorgehen” gehandelt. Für ihren Angriff hätten die Täter Informationen über die Trassenführung und das GSM-R-System, das Funksystem der Bahn, gehabt. Daraus schließe er auf “ein hohes Maß an krimineller Energie” und “umfangreiche Vorbereitungen”. Seit dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine werde immer deutlicher, dass bei kriegerischen Auseinandersetzungen “vermehrt auf eine hybride Kriegsführung” gesetzt werde, “also traditionelle Operationen, die durch Cyberangriffe begleitet und unterstützt werden”.

Anton Hofreiter, Vorsitzender des Europaausschusses und Mitglied der Grünen, unterstützte diese Theorie und sagte gegenüber Funke: “Wir können nicht ausschließen, dass Russland auch hinter dem Angriff auf die Bahn steckt.” Er bestätigt, dass für die Aktion “sehr genaue Kenntnisse über das Funksystem der Bahn” nötig gewesen seien.

Mehr Schutz für kritische Infrastrukturen

Der Vorfall löste eine politische Diskussion über den Schutz der kritischen Infrastrukturen in Deutschland aus. Am Wochenende forderten sowohl Vertreter der Ampel-Koalition wie auch der CDU mehr Maßnahmen für den Schutz von KRITIS-Organisationen.

Detlef Müller, Abgeordneter des Bundestages aus der SPD, forderte ein neues Sicherheitskonzept, welches die Deutsche Bahn gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium und den Sicherheitsbehörden erarbeiten solle. Die Grünen-Politikerin Irene Mihalic, ebenfalls Abgeordnete des Bundestages, forderte erneut, Mittel aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr für den Schutz kritischer Infrastrukturen zu verwenden.

Von Seiten der Opposition sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: “Der Schutz kritischer Infrastruktur ist eine Kernaufgabe des Staates. Zu deren Finanzierung bedarf es nicht des Sondervermögens der Bundeswehr. Es geht vielmehr darum, dass die Ampel im Haushalt genügend Geld für die innere Sicherheit zur Verfügung stellt.”

Auch Bundeswehr-General Carsten Breuer meldet sich zu Wort und sprach gegenüber der “Bild am Sonntag” eine Warnung vor weiteren Angriffen auf die deutsche Infrastruktur aus. Jedes Kraftwerk und jede Pipeline könne zum Ziel werden. Die Akteure sehe er im Ausland, vor allem aufgrund des Krieges zwischen Russland und der Ukraine: “Der Krieg Russlands hat dazu geführt, dass unser Schwerpunkt wieder auf der Landes- und Bündnisverteidigung liegt. Dem ganzen Land ist klar geworden: Krieg in Europa ist wieder möglich.” Dabei rechne er nicht mit einer feindlichen Armee, die Deutschland angreife. Sondern mit “Anschlägen auf Infrastruktur und mit Cyberangriffen, oder zum Beispiel Aufklärungsflüge mit Drohnen über Kasernen”.

Lesetipp: Bedrohung durch Cyberangriffe in Deutschland steigt weiter

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